Barrierefreie Angebote sind unerlässlich für eine inklusive und bunte Gesellschaft, die niemanden ausschließt. Auch Museen und Gedenkstätten haben das erkannt und werden immer inklusiver. Wir bei Linon unterstützen diese Entwicklung und wollen uns auch in Zukunft weiter dafür einsetzen. Wir entwickeln seit über 20 Jahren barrierefreie und teilhabeorientierte Angebote – immer wieder auch in Zusammenarbeit mit Expert*innen in eigener Sache. In unserem Blog stellen wir Euch nun nach und nach barrierefreie Vermittlungsangebote vor. Los geht’s mit Führungen in Leichter Sprache!

AKTUELL:

Für den Guide zur Niki de Saint Phalle-Ausstellung in der Schirn haben wir eine Führung in Einfacher Sprache produziert. (Um den Unterschied zwischen Leichter und Einfacher Sprache soll es hier erst einmal gar nicht gehen – das würde locker einen extra Blogbeitrag ergeben!) Aber seht Euch gerne mal an, wie die Fassung in Einfacher Sprache in die Web-App integriert ist. In Absprache mit der Schirn haben wir beschlossen, beide Sprachvarianten in der App zusammenzudenken. Unter der jeweiligen Station sind beide Hörfassungen abrufbar. So können Nutzer*innen jederzeit auf beide Varianten zugreifen, ohne zwischen verschiedenen Sprachfassungen wechseln zu müssen.

Wie geht Leichte Sprache bei Linon?

Ausgangspunkt sind meist bereits vorhandene Audioguide-Texte, zu denen es eine Fassung in Leichter Sprache geben soll. Ein alternatives Lernangebot – damit alle die Inhalte der Ausstellung verstehen und möglichst viele Menschen etwas für sich mitnehmen können. Zur Zielgruppe gehören in erster Linie Menschen mit Lernschwierigkeiten und kognitiven Beeinträchtigungen. Eine sehr heterogene Gruppe. Leichte Sprache versucht deshalb, eine ganz grundlegende gemeinsame sprachliche Basis zu finden. Für unsere Angebote in Leichter Sprache haben wir einen Linon-internen Leitfaden verfasst. Er basiert auf den Regeln der Deutschen Gesellschaft für Leichte Sprache, die mit Blick auf unsere Arbeit an Hör-, Lesetexten und App-Anwendungen für den Museumsbereich angepasst wurden. Dabei sind unsere Erfahrungen aus vielen bisherigen Projekten eingeflossen.

Wir erstellen auf dieser Grundlage und in Absprache mit den jeweiligen Kund*innen Hör- und Lesetexte in Leichter und einfacher Sprache, produzieren sie im Studio und binden sie in unsere digitalen Anwendungen ein. Dabei müssen wir natürlich auch die Anwendung selbst mitdenken: Ist die App einfach gestaltet und leicht verständlich aufgebaut? Lässt sich die Ansicht verschiedenen Bedürfnissen entsprechend anpassen? Das heißt in erster Linie einmal mehr: Einfachheit geht vor technisch aufwändigen Spielereien und manchmal sogar vor Schönheit. Hier steht wirklich die einfache und barrierefreie Handhabung im Vordergrund.

App-Launch-Event im Frankfurter Museum Angewandte Kunst

Im November bin ich (Hanna) ins Museum Angewandte Kunst in Frankfurt am Main gefahren. Anlass war ein Event zum Re-Launch der Linon Web-App zum Angewandte Walk, die seitdem mit drei neuen Sprachfassungen am Start ist. Außerdem wurde eine Augmented Reality-App vom Studio für unendliche Möglichkeiten gelauncht. Die neuen Sprachen des Audiorundgangs sind Russisch, Türkisch und Leichte Sprache. (Russisch und Türkisch sind übrigens neben Deutsch die meistgesprochenen Sprachen in Hessen). Auf der Veranstaltung in Frankfurt habe ich die Web-App präsentiert und vom Entstehungsprozess der Version in Leichter Sprache berichtet, an dem ich maßgeblich beteiligt war.

Die Web-App zum Angewandte Walk

Der Audiorundgang zum Angewandte Walk erzählt anhand von 10 Stationen vom Leben und Wirken der früheren Museumsdirektorin Dr. Annaliese Ohm. Sie war die erste Frau mit Führungsposition in der Frankfurter Museumslandschaft und ist bis heute stilprägend für die Vermittlungsarbeit am Museum Angewandte Kunst. Im Audiowalk geht es auch darum, dem Vergessen bedeutender Frauen entgegen zu steuern und die bisherige Geschichtsschreibung zu hinterfragen. Ein spannendes und wichtiges Thema also, aber ehrlich gesagt auch ganz schön abstrakt: Die Hörtexte behandeln essayartig einzelne Themenschwerpunkte. Gut recherchiert und geschrieben, schön produziert – aber für alle leicht verständlich? Leider nicht.

Es war schon eine Herausforderung, diese Texte in Leichte Sprache zu übersetzen, weil es hier selten um konkrete Gegenstände geht. Wir haben uns überlegt: Was sind die wichtigsten Kernaussagen einer Station? Was wollen die Leute, die hier auf dem Gelände sind, wirklich wissen? Welche Infos sind essenziell, um die Geschichte zu verstehen und etwas davon mitzunehmen? Worauf können wir verzichten? Dieser Prozess lief in enger Abstimmung mit der Projektleiterin Xenia Kitaeva vom Museum Angewandte Kunst ab. Speziell bei diesem Audiowalk war dieser Schritt sehr wichtig und zeitintensiv.

Lesetext aus dem Angewandte Walk in Leichter Sprache

Zusammenarbeit mit der Prüfgruppe

Die Infos haben wir dann so leicht verständlich wie möglich formuliert. In der Endphase der Texterstellung hat uns eine Prüfgruppe der GETEQ in Berlin maßgeblich unterstützt und sichergestellt, dass die Texte auch wirklich diesem Anspruch gerecht werden. Linon hatte bereits bei einer Textprüfung für das Haus der Wannsee-Konferenz mit der GETEQ gute Erfahrungen gemacht.

Drei Personen aus der Zielgruppe für Leichte Sprache haben die Texte für den Audiowalk zunächst selbst gelesen, kommentiert und nach einer weiteren Bearbeitung durch Linon im zweiten Schritt vorgelesen bekommen. War eine Formulierung zu schwierig, haben sie das direkt geäußert und oft auch alternative Bezeichnungen vorgeschlagen. Immer wieder kamen dabei auch Fragen auf, die die Prüfer*innen untereinander diskutiert haben. Wie möchten sie angesprochen werden? Bevorzugen sie Lese- oder Hörtexte? Sind sie mit den Angeboten in Leichter Sprache in Museen generell zufrieden? Wie passend ist die Sprechweise der oder des Vorlesenden? Die direkte Rückmeldung war sehr hilfreich. Das war auch nochmal ein Perspektivwechsel auf die eigene Arbeit. „So ein Austausch ist Voraussetzung, um Angebote nach dem Prinzip „Nicht für uns ohne uns“ für die Zielgruppe zu machen und sie ganz konkret mit einzubeziehen“, sagt dazu Toni Greulich. Schließlich soll das Produkt am Ende möglichst frei von Barrieren sein.

 

Leichte Sprache für alle

Neben der oben erwähnten Zielgruppe profitieren auch Personen mit geringen Deutschkenntnissen und Deutschlernende von Angeboten in einfacher Sprache. Darüber hinaus finden wir: Jede*r kann von Angeboten in Leichter und einfacher Sprache etwas mitnehmen. Sie sind auch eine gute Möglichkeit, sich kurz und ohne Umschweife mit den nötigsten Infos zu versorgen, wenn die eigene Zeit und die Aufmerksamkeitsspanne mal wieder begrenzt sind.

Von uns Linons sind einige inzwischen regelrechte Fans der Leichten Sprache. So meinte neulich unser Regisseur Mingus nach der Aufnahme:
„Leichte Sprache ist Audioguide in Gedichtform.“

Ein Beitrag von Hanna Bader und Rebecca Hitzel

Hier geht's direkt zum Angewandte Walk in Leichter Sprache.

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